Swiss Trail Tour 2018 in Lenk

Lauf: Lenk – Matten – Wysseberg – Lenk, 37.3km, 1878hm, 29.09.2018 (scroll down for English summary)

Bei dem klangvollen Namen “Swiss Trail Tour” stellt man sich schnell ein etabliertes Grossereignis vor, bei welchem sich jedes Jahr tausende Läufer um die Startplätze streiten. Dem ist nicht so. 2018 wurde die Veranstaltung das erste Mal ausgetragen. Das Konzept sieht eigentlich ein Etappenrennen über drei Tage vor, bei welchem die Läufer sich zwischen einer Ultra- und Tour-Variante entscheiden. Die Etappen können jedoch auch einzeln absolviert werden – und ich wählte für mich die kürzere Tourvariante am Samstag. Was heisst kurz? Die Tagesetappe sah immerhin 37.3km und 1878hm vor.

Doch bevor ich zum Rennbereicht komme, nachfolgend ein kurzer Abriss über die vergangenen Woche nach dem Matterhorn Ultraks. Natürlich lag mir dieser noch einige Tage in den Beinen, insbesondere die Oberschenkel revanchierten sich mit heftigem Muskelkater für die langen, steilen Bergabpassagen des Laufs um Zermatt. Nach ein paar Tagen nahm ich die Aktivitäten aber wieder auf. Ein spezifisches Aufbautraining für den Swiss Trail Tour Lauf brauchte ich jedoch nicht mehr, sodass ich einfach verschiedene Trainingseinheiten abwechselte: zwei Rennradausflüge, eine Bouldereinheit, eine längere Laufeinheit, mehrfach Schwimmen, Training auf dem VitaParcours/Trimm-Dich-Pfad, etwas Tennis – dies sollte reichen für mein nächstes Laufabenteuer.

Und ein kleines Abenteuer wurde die Swiss Trail Tour. Obwohl ich schon zig Aufenthalte im Berner Oberland verbracht habe, habe ich es noch nie bis nach Lenk geschafft, einem bekannten Berg- und Skiort (häufig zusammen mit Adelboden erwähnt). Das heisst, es gab etwas Neues zu entdecken. Vier Tage vor dem Lauf wurde jedoch meine Startzeit vorverlegt, sodass ich nicht am Morgen mit dem Zug anreisen konnte, sondern ich mir ein Herberge suchen musste. So kam ich Freitagabend gegen 22.30Uhr in Lenk an und suchte mein Hostel für eine Nacht. Ich freute mich auf den Tag danach.

Der Start der Swiss Trail Tour am nächsten Morgen war mit 9.20Uhr dennoch nicht zu früh, sodass ich etwas ausschlafen konnte. Ausserdem war ich geübt im Packen und im Rauslegen der Sachen, wodurch ich anschliessend relativ entspannt und unaufgeregt in Richtung Startgelände ging. Nachdem die Ultrarunner um Punkt 9.00Uhr auf ihre 55km-lange Strecke geschickt wurden, ging es für die Tour-Läufer wie mich 20 Minuten später auch los. Es standen zwei längere Anstiege im Profil, natürlich jeweils auch mit den dazugehörigen Bergabpassagen. Der erste und einfachere Anstieg begann ca. 3km nach Start mit moderaten Steigungsprozenten. Der Untergrund wechselte sich stetig ab, und so auch der technische Anspruch. Einige Passagen waren sogar seitlich mit einem Seil gesichert, da es neben dem schmalen Single-Trail ziemlich steil hinunter ging. Der folgende Abstieg war für mich ein ziemliches Vergnügen – erst nur flach abfallend, dann etwas technischer über Wurzelpassagen auf einem schönen Waldweg. Die erste Verpflegungsstation (von drei) wartete auch mich.

Nach der Verpflegung in Matten stand der schwerere zweite Streckenabschnitt an. Von Matten bis zum Kamm des Wyssebergs stieg der Weg über 7km mit durchschnittlichen 14.5% bis auf 2107m an. Das waren über 1000hm am Stück – der Gornergrat lässt grüssen. Die Aussicht wurde besser. Der anfängliche Nebel, der uns keinerlei Aussicht beim ersten Anstieg gab, hatte sich jetzt vollständig verzogen. Die ganzen umliegenden Berggipfel wie Wildstrubel und Wildhorn mit samt Gletschern kamen zum Vorschein. Und im Tal lagen leicht nebelverschleiert die kleine Dörfer des oberen Simmentals.

Die bisherigen Anstrengungen bei der Swiss Trail Tour haben sich also vollends gelohnt. Apropos Anstrengungen, obwohl ich mich während der ganzen Strecke hinsichtlich der Ausdauer gut fühlte, merkte ich dieses Mal, dass ich nicht vollständig ausgeruht zum Wettkampf angetreten bin. Ab und zu spürte ich so eine Müdigkeit, dass ich mit dem Gedanken spielte, mich einfach in die Wiese zu legen und Sonne und Aussicht zu geniessen.

Kurz vor der höchsten Stelle am Wysseberg
Kurz vor der höchsten Stelle am Wysseberg

Natürlich entschied ich mich dagegen und nahm nach einer unangenehmen Gegensteigung den Schlussabstieg in Angriff. Dadurch dieser technisch machbar und auch nur moderat steil abfallend war, konnte ich diesen Part sehr geniessen. Die letzten drei komplett flachen Kilometer jedoch nicht. Plötzlich musste ich nach all dem bergauf und bergab wieder selber Druck ausüben. Meine Beine bewegten sich wie im Leerlauf, ich stand förmlich (bei einem 5:50min/km-Schnitt) und der Weg zog sich endlos in die Länge. Dann aber erreichte ich Lenk nach gut fünf Stunden als 10. in meiner Kategorie (Männer, 1 Tag, Tour-Distanz, 20 Teilnehmer). Wie immer ist es ein grossartiges Erlebnis ins Ziel einzulaufen und mit all den anderen, wenn auch im Verhältnis wenigen Läufern so einen Wettkampftag zu verbringen. Drücken wir die Daumen, dass die Swiss Trail Tour nächstes Jahr populärer wird – landschaftlich traumhaft sind die Läufe in jedem Fall.


English summary: After recovering entirely from my great experience at the Matterhorn Ultrkas end of August, I decided to go for another longer run this year. This time, a 37k loop with 1878m elevation gain in the Bernese Highlands. In Lenk, to be precise. As I did not come as prepared as for the Matterhorn Ultraks in August, I faced almost more challenging moments. Nonetheless, the form was still sufficient for an enjoyable run and after slightly more than 5hrs I reached the finish line as the 10th of my category (out of 20). Positions do not matter, experiences do – and the first Swiss Trail Tour event was a great experience!