Torres Del Paine: Wandern im chilenischen Patagonien

Forbes wählte 2013 den chilenischen Nationalpark „Torres del Paine“ zum fünftschönsten Ort der Erde. Dass solch eine Einschätzung jeglicher objektiven Grundlage entbehrt, ist geschenkt. Denn dieser Nationalpark ist ein Muss einer jeden Patagonienreise. Leider wird die Forbes-Bewertung dazu beigetragen habe, dass die Preise für die Übernachtung im Nationalpark unverhältnismässig hoch sind. Daher blieb auch uns bei unserem Besuch keine andere Möglichkeit als im circa zwei Stunden entfernten Puerto Natales unterzukommen und jeden Tag für drei einzelne Tagestouren mit dem Auto in den Nationalpark zu fahren. Und allein die Autofahrten waren ein Abenteuer für sich. Einerseits fuhren wir durch eine unglaublich traumhafte Landschaft aus Bergen, Seen und vereinzelten Ausläufern des Ozeans – Puerto Natales liegt am Pazifik! Andererseits führten mehr als die Hälfte der Strecke über Naturstrassen, was sogar für einen Platten am letzten Tag sorgte. Abenteuer pur – auch auf den Wanderungen!

Mirador de los Cuernos

Wanderung:  Salto Grande – Mirador Los Cuernos, 6.49km, 145hm, 06.03.2019

Torres del Paine ist neben seiner weitreichenden Natur, die von unterschiedlicher Flora und Fauna nur so geprägt ist, vor allem wegen zweier Wahrzeichen bekannt: den Las Torres, mehrere sich fast senkrecht aufbäumende Türme aus Granit, und den Los Cuernos, zwei hornförmige mehrfarbige Gipfel. Letztere sollten Ziel unseres erstes Tagesausflugs sein.

Aufgrund der langen Anreise nach Puerto Natales am Vortag sowie der wechselhaften, leicht verregneten Wettervorhersage entschieden wir uns, erst gegen 10Uhr in Puerto Natales loszufahren. Ziemlich genau zwei Stunden später, nach erfolgter Einfahrtskontrolle am Tor des Nationalparks, kamen wir am Salto Grande an – ein eindrucksvoller Wasserfall und unser Startpunkt der heutigen kurzen Tour. Während in Parkplatznähe sich noch einige Touristen tummelten, waren wir auf dem Wanderpfad schnell allein. Ohne grosse Steigungen spazierten wir durch die „spannende“ Natur. Grassbedeckte Wiesen, mit vereinzelten verstorbenen Bäumen, die an einem Grossbrand im Jahr 2012 erinnerten, vereinzelte Seen – und im Hintergrund die wolkenverhangenen Türme der „Los Cuernos“. Leider bekamen wir sie auch während der ganzen Wanderung nie ganz zu sehen. Die Stimmung war jedoch spektakulär. Wie sich die Nebelschwaden um die Türme schlangen, dabei vereinzelt Schneefelder zum Vorschein brachten, und dann und wann das zweifarbige Gestein. Mystisch!

Am Lagos Nordenskjöld hat man beste Aussicht auf die „Los Cuernos“ – hier eher wolkenverhangen

Weniger mystisch, dafür niedlich, und bei weitem nicht so scheu wie die bekannten Berggipfel waren an diesem Tag die Guanakos. Eine lokale Kamelart, die in Vielzahl im ganzen Nationalpark und darüber hinaus zu Hause sind und uns vor allem auf dieser kurzen Wanderung ein ständiger Begleiter war.

Guanakos – die für Patagonien typische Kamelart kommt in grossen Mengen im Nationalpark vor

Mirador de Las Torres

Wanderung: Hotel Las Torres – Mirador de Las Torres – Hotel Las Torres, 20.2km, 1189hm, 07.03.2019

Drei Türme, die in den Himmel reichen. Weltberühmt, bei Wanderern und Kletterern. Menschen, die in Scharen zu den sagenhaften Gipfeln stürmen. Genau dieses Spektakel gibt es wohl exakt zwei mal auf dieser Welt – bei den Drei Zinnen in Südtirol und bei den Las Torres im Torres Del Paine Nationalpark. Natürlich sind Letztgenannte unser Ziel gewesen – sozusagen das Ziel unserer Königsetappe.

Im Gegensatz zum Vortag starteten wir zeitig am Morgen in Puerto Natales, trotz unruhigen Schlafs. Um 9.30Uhr schnürten wir unsere Trekking-Schuhe, setzten unserer Rucksäcke auf und stiegen die ersten Kurven des Wanderpfades geschwind hinauf. Aufgrund der Berühmtheit des Aussichtspunkts als auch des Wanderwegs selbst – der sogenannte ‚W‘-Track ist der Wanderweg im Nationalpark – wussten wir um die Menschenmassen, die täglich diesen Pfad passieren werden. Und wir sollten Recht behalten. Unzählige Wanderer säumten auch bereits zu dieser verhältnismässig frühen Zeit die Pfade. Wir gaben Extra-Gas.

Von diesem Pass blickten wir in das traumhafte Tal des Rio Ascensios; links hinten erwarten uns die Türme der Las Torres

Schnell bewältigten wir den Anstieg bis zu einem kleinen Zwischenpass, stiegen hinunter in das Tal des Rio Ascensios bis zum Rifugio di Campo Chileno und marschierten ohne Pause weiter bis zu einem grösseren Waldsrück, direkt am Fusse des Anstiegs zum Mirador de Las Torres. Dort gönnten wir uns einen kurzen Zwischensnack, da wir mittlerweile die 2h-Marke geknackt hatten. Der Aufstieg übrigens bis zum Mirador hatte es in sich. Auf einen guten Kilometer überwanden wir über 300hm. Schweisstreibend. Oben angekommen erwartete uns jedoch das erhoffte Naturschauspiel. Ein blauer Himmel. Ein türkisgrüner Gletschersee. Und zwischendrin ragten die 1000m hohe Granittürme, die dem Torres Del Paine seinen Namen geben: die Las Torres. Damit unterscheiden sie sich übrigens auch deutlich von ihren berühmten Schwestern, den „Drei Zinnen“, aus dem Südtirol. Diese weisse nämlich nur einen Schartenhöhe von 500m aus, demnach nur halb so hoch.

„Las Torres“ – die Markenzeichen und wohl Hauptnamensgeber im Torres del Paine Bergmassiv

Wie so häufig in Patagonien führte der Rückweg über die selben Pfade zurück, auf welchen wir gekommen sind. Die Leute wurden mehr, die Landschaft blieb eindrucksvoll und als Belohnung gönnten wir uns Kaffee und Kuchen im Hotel Las Torres, zusammen mit Freunden aus Zürich, die wir in Patagonien das erste Mal getroffen hatten.

Laguna Verde

Wanderung: Hosteria Mirador del Paine – Laguna Verde – Laguna Honda, 12,16 km, 284hm, 08.03.2019

Die letzte Etappe. Die letzte Etappe unserer Wanderungen im Torres del Paine. Aber auch die letzte Etappe unseres Aufenthalts in Patagonien allgemein. Das Wetter spielte übrigens nicht so mit wie noch am Vortag, doch blieb die Hoffnung, dass wir zumindest noch einmal die gesamte Bergwelt des Nationalparks samt der „Cuernos“ auf einen Blick sehen können. So wählten wir für unsere letzte Wanderung die Route am Laguna Verde. Startpunkt: Hosteria Mirador del Paine.

Ausblick von der Hosteria auf die „Los Cuernos“, im für Patagonien typischem Wetter

Diese liessen wir jedoch genauso links liegen, wie den eingefahrenen Platten bei unserem Auto. Erst einmal wandern. In sehr windigen und fast ungemütlichen Bedingungen, wie wir feststellen mussten. Vorbei am Laguna Verde wollten wir so lange Richtung Westen gehen, bis uns zum Umkehren zu Mute war. Im Gegensatz zum Vortag mussten wir heute zumindest keine Laufscharen zu befürchte. Die Landschaft um uns herum, war dafür wilder und abwechslungsreicher. Verschiedene Wälder und Gräser. Vereinzelte Bäume, die noch Zeichen vom 2012er Grossbrand aufwiesen. Unzählige Vogelarten, die bei unserer Ankunft meist erschrocken im Kreis flogen. Viele kleinere Seen, auf denen der stürmische Wind unzählige Wellen entstehen liess. Und im Hintergrund zumeist die Türme des Bergmassivs „Torres Del Paine“.

Auf dieser Wanderung zeigte sich der Nationalpark eher von seiner wilderen Seite. Völlig gegensätzlich zu den Menschenmassen, die sich nur auf dem W-Trek austoben. Beim Laguna Honda übrigens kehrten wir um. Der See mag bei Sonnenschein ein wunderbarer Platz zum Verweilen sein. Bei dem stürmischem Wind entschieden wir uns jedoch nur für einen kurzen Fotostopp. Dieser bekam definitiv das Prädikat lohnenswert für die Landschaft, die stark an Schottland erinnerte.

Die Wellen des Laguna Honda im Vordergrund, das Torres del Paine Massiv im Hintergrund

Der Rückweg war erwartungsgemäss gleich dem Hinweg, aber schön war es allemal. Und unser Crêpe, das wir in der Hosteria noch zu uns nahmen, schmeckte usmo besser. Wäre da nicht noch dieses Rad zu flicken. Doch auch dieses Abenteuer meisterten wir mit Bravour. Und wo sonst will man einen Reifen wechseln als nicht im wohl mit schönsten Nationalpark der Welt – dem Torres del Paine.

English version:  Forbes ranked the Torres del Paine National Park number 5 of the most beautiful places on earth. And although such rankings are weird, there is some truth that this Chilenean beauty is a must on each journey through Patagonia. We spent 3 days in Puerto Natales, an easy-going little town at the Pacific Ocean, and drove each day into the ark for three day-hikes. While the first and last were beautiful, but in mixed weather conditions, the queen‘s stage towards Las Torres was amazing. Blue sky, amazing landscape, interesting paths, and a viewpoint that deserves its fame. All in all, Torres del Paine provides the visitor with an incredible scenery, spectacular views, huge glaciers, rugged mountain peaks, special flora, and lovely fauna – in short, everything you expect from Patagonia!