Erklimmung des Bietenhorns und Abstieg durchs Soustal

Lauf: Mürren – Kanonenrohr – Schilthornhütte – Bietenlücke/Bietenhorn – Soustal – Sousläger – Grütschalp, 15km, 1100hm, 26.08.2020

Ferienzeit! Doch es standen keine grosse Reisen an. 2020 ist ein Jahr der Schweizferien. Der Grund ist wohlbekannt. Nachdem ich im Frühjahr bereits eine gute Woche Ferien im Baselbiet gemacht habe, sollten jetzt zehn Tage Mürren folgen. Zeit genug, um neue Dinge in Angriff zu nehmen, die ich schon immer mal geplant hatte, z.B. Schilthorn-Aufstieg über den Grat der Roten Härd, ein ‚Trailrun‘ zur Rottal oder Silberhornhütte unterhalb der Jungfrau oder die Erklimmung des Bietenhorns mit abschliessender Erkundung des Soustals. Die Optionen waren vielseitig, letztere sollte mein erstes grösseres Ziel der Ferien sein.

Ich war relativ frisch und ausgeruht, allerdings nicht in bester Form. Nach einem schwierigen Sommer (wie in den vorherigen Artikeln beschrieben) konnte ich zuletzt zwar wieder etwas mehr trainieren, einem trainingsorientierten Radausflug am Montag folgte eine lockere Wanderung zur Rotstockhütte am Dienstag. Von meiner gewohnten Sommerfitness der vergangenen Jahre war ich jedoch meilenweit entfernt. Daher liess ich es gemütlich angehen, als ich mit Stöcken gewappnet die ersten Kehren des Palace-Runs bis zum Allmendhubel in Angriff nahm. Gleich verhielt es sich im berühmten Kanonenrohr, wobei ich nun langsam ins Schwitzen kam. Der Ehrgeiz hatte mich gepackt, die Flanken des Muttlerenhoren in möglichst schnellem Wanderschritt zu bewältigen.

Bei der Schilthornhütte bog ich nun rechts ab zum Bietenhorn. Das Schilthorn als auch die Birg liess ich links liegen, hinter mir erhoben sich immer mehr die Gipfel des Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau. Der Aufstieg zum Bietenhorn war technisch etwas anspruchsvoller. Ab und zu waren einige Passagen per Seil gesichert, auf dem Grat der Bietenlücke sollte man ebenfalls besser schwindelfrei sein. Der finale Anstieg zum Gipfel selber führte durch eine karge, windanfällige Gerölllandschaft, die aber nicht weniger schön daher kam. Oben auf 2755m über Meer angekommen, erblickte ich ein Kreuz. Das Gipfelkreuz. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass dies seit längerer Zeit einer der ersten alpinen Gipfel war, den ich erklommen habe.

Auf dem Weg zum Gipfel des Bietenhorns – Eiger, Mönch und Jungfrau stört es nicht

Lange verweilen wollte ich jedoch dort nicht. Zu ungemütlich war der Wind, zu lang noch mein geplanter Abstieg durch das Soustal. Also begab ich mich zurück zur Bietenlücke und stürzte mich anschliessend in die steile Nordflanke hinab. Das Geröll und die Steilheit machten mir nichts aus. Im Gegenteil. Ich genoss die technisch anspruchsvolle Strecke. Die Stöcke hatte ich übrigens im Rucksack verstaut, da sie auf solchen Passagen keine Hilfe darstellen. Aufpassen musste ich hingegen, was mit den vielen kleinen Steinchen passierte, die ich beim bergab laufen losgetreten hatte. Weiter unten sah ich immerhin ein Wanderer, der nur ungern diese abbekommen wollte. Ich reduzierte etwas meine Geschwindigkeit und liess Vorsicht walten. Weiter unten am Abstieg wurde es flacher. Der Untergrund änderte sich von Geröll zu Gestein und anschliessend zu Grass. Das Soustal lag vor mir, umgeben von Bietenhorn, Schilthorn, Hundshore, Schwalmere und weiter unten Spaltenhorn und Lobhörner.

Das Soustal mit der Schwalmere – lieblich und doch rau, aber einfach schön

Traumhaft. Tolkien hätte es als Kulisse für Herr der Ringe gefallen. Und die Reisekosten nach Neuseeland hätte sich Peter Jackson (Regisseur von Herr der Ringe) sparen und dafür hier im Soustal drehen können. Ich jedenfalls genoss die Landschaft und lief kontinuierlich in Richtung Sousläger, dem Talanfang, den ich bereits aus meinen vorherigen Läufen und Wanderungen kannte. Von dort führte der Weg für mich zurück nach Grütschalp durch den märchenhaften Spryssewald. Auch dieser kann ohne Probleme als Filmkulisse für jeglichen Fantasy-Film genutzt werden. Der Abschluss einer 15km langen, genialen sowie abwechslungsreichen Trail-Running-Route über das Bietenhorn und durch das Soustal.

English version: Vacation time! The second time this year, and the second time that I stayed in Switzerland and spent the time in a location well known to me. Mürren! I used the 10 days stay to explore things I have not seen or experienced yet. First, I started with a 15k trail run to the top of Bietenhorn and down through the valley of Soustal. The countryside reminded me on Lord of the Rings – not sure why Peter Jackson travelled so far while he would have had everything on this piece of nature.